Das AbDü-Projekt verfolgt ein ehrgeiziges Ziel: Wir entwickeln einen automatisierten Container, mit dem Nebenströme der Lebensmittelproduktion direkt vor Ort beim Erzeuger verwertet werden können. Organische Reststoffe sind eigentlich wertvolle Rohstoffe, stellen aber für viele Betriebe ein logistisches und wirtschaftliches Problem dar, solange sie nicht sinnvoll weiterverwertet werden. Unser Ansatz setzt daher auf kurze Wege und Kreislaufwirtschaft: Ein Container, der direkt auf dem Hof steht, verwandelt organische Reststoffe in wertvollen Dünger – effizient, nachhaltig und wirtschaftlich.
Dabei setzen wir auf die Schwarze Soldatenfliege (Hermetia illucens). Ihre Larven sind wahre Verwertungsexperten. Sie ernähren sich von organischen Reststoffen, wachsen dabei selbst heran und erzeugen gleich zwei wertvolle Nebenprodukte. Zum einen entsteht sogenannter Frass – eine Mischung aus unverdaulichen Substratresten und Exkrementen. Er ist reich an Nährstoffen und kann als natürlicher Dünger eingesetzt werden. Zum anderen können die Larven als Futtermittel für Tiere verwendet werden oder zur Extraktion von wertvollen Proteinen und Fetten. Darüber hinaus fallen aber auch Larvenhäute an, aus denen sich das Biopolymer Chitosan gewinnen lässt. Chitosan ist vielseitig nutzbar und besitzt unterschiedliche Bioaktivitäten. Einige Chitosane wirken antimikrobiell, andere stärken Pflanzen und machen sie widerstandsfähiger gegen Stressfaktoren wie Hitze, Trockenheit oder Krankheiten. Weiter wird vermutet, dass Chitosane die Effizienz von Düngemitteln steigern können. Ein Ziel des AbDü-Projektes ist es deshalb zu untersuchen, ob wir die Wirkung des Frass als Dünger durch Zusatz von Insektenchitosan verbessern, also gleich gutes Pflanzenwachstum mit weniger Dünger erzielen können. Derzeit ist aber noch völlig unbekannt, welches Chitosan hier besonders wirksam ist, und wie es wirkt. Hier ist also noch Grundlagenforschung angesagt.
Um das Potenzial des Frass als Dünger zu bewerten, haben wir verschiedene Chargen auf Mikro- und Makronährstoffe untersucht. In Laborversuchen mit Topfpflanzen und später auch unter Feldbedingungen konnten wir zeigen, dass sich die Düngermenge ohne Einbußen bei der Erntemenge halbieren lässt, wenn die fehlende Hälfte durch Frass ersetzt wird. Damit eröffnet sich Landwirten die Möglichkeit, mineralischen Dünger teilweise zu substituieren und gleichzeitig Kosten und Umweltbelastungen zu senken.
Abbildung 1: Wachstum von Salat in Laborversuchen unter konventioneller Düngung im Vergleich zu einem teilweisen Ersatz durch Frass.
Allerdings zeigte sich ein interessanter Nebeneffekt. Pflanzen, die mit Frass gedüngt wurden, reagierten mit einer Stressreaktion. Beim Eisbergsalat führte dies zu einer veränderten Wuchsform. Nun wollen wir besser verstehen, wodurch diese Reaktion hervorgerufen wird. Möglicherweise ist es auch gar nicht notwendig, sie vollständig zu vermeiden, denn leichter Stress kann Pflanzen gegen negative Umwelteinflüsse stärken, ihr Immunsystem aktivieren und sie so vor Krankheiten schützen.
Abbildung 2: In einem Feldversuch mit Eisbergsalat konnte gezeigt werden, dass die Düngermenge ohne Ertragsverluste halbiert werden kann, wenn die fehlende Hälfte durch Frass ersetzt wird.
Parallel dazu haben wir an der Herstellung des Insektenchitosans gearbeitet. Ziel war es, die Produktion so weit hochzuskalieren, dass ausreichend Material für Topfpflanzenversuche zur Verfügung steht. Dieses Ziel haben wir erreicht. In der letzten Phase des Projekts werden wir nun untersuchen, ob das Insektenchitosan die Effizienz der Düngemittelnutzung tatsächlich steigern und Pflanzen gleichzeitig widerstandsfähiger machen kann.
Um die Wirksamkeit des Insektenchitosans besser einschätzen zu können, haben wir verschiedene, gut charakterisierte Krabbenchitosane in Laborversuchen auf ihre Fähigkeit getestet, die Düngemittelnutzungseffizienz von Pflanzen zu erhöhen. Dabei gelang es uns nicht nur, diese bisher nur vermutete Eigenschaft von Chitosan experimentell zu belegen, sondern auch die strukturellen Parameter, die für diese Aktivität erforderlich sind, einzugrenzen. In Feldversuchen setzen wir derzeit zwei Produkte auf Krabbenchitosan-Basis ein: zum einen ein für die Landwirtschaft optimiertes Chitosan unseres Start-ups CARAPAX biotechnologies, das wir als Referenzprodukt für die Entwicklung des Insektenchitosans verwendet haben, zum anderen ein kommerzielles Produkt unseres Projektpartners ChiPro. Hier stehen die Ergebnisse noch aus, werden aber sicher wichtige Erkenntnisse darüber liefern, wie sich Chitosan als Düngemittelzusatzstoff in der Praxis bewährt und welche Vorteile es für Landwirte konkret bringen kann.
Das Projekt verdeutlicht, welches Potenzial in einem insektenbasierten Ansatz steckt. Reststoffe, die bisher als Abfall galten, lassen sich in wertvolle Ressourcen für die Landwirtschaft verwandeln. Frass als Dünger und Insektenchitosan als Pflanzenstärkungsmittel können dazu beitragen, chemische Düngemittel effizienter zu nutzen, die Umwelt zu entlasten und die Landwirtschaft zukunftsfähiger zu machen.
